KI in der Übersetzung: Vor- und Nachteile, Beispiele und Tools
Maschinelle Übersetzungen sind in der Branche längst kein neues Phänomen mehr, sondern haben sich auf dem Übersetzungsmarkt fest etabliert. Mit dem Vormarsch der KI haben rein maschinelle Übersetzungen jedoch eine neue Qualität erreicht. In diesem Artikel erfahrt ihr, welche Vor- und Nachteile KI-Übersetzungen haben, welche Texte sich dafür eignen und ob sich die Technologie für euch lohnt.

Übersetzung werden immer wichtiger
Übersetzungen werden in unserer globalisierten Welt immer wichtiger. Laut einer CSA-Studie lesen 65 Prozent aller User:innen Onlinetexte lieber in ihrer eigenen Sprache – 40 Prozent der Menschen würden ein Produkt in einer anderen Sprache gar nicht erst kaufen. Für Unternehmen, die in internationale Märkte expandieren und Zielgruppen im Ausland gewinnen wollen, ist es daher besonders wichtig, ihre Produkte und Dienstleistungen in der Sprache des Zielmarktes anzubieten.
Lokalisierte Inhalte helfen, die kulturellen und sprachlichen Präferenzen der Kund:innen zu berücksichtigen. Kund:innen fühlen sich wohler und vertrauen einem Unternehmen mehr, wenn es in ihrer Muttersprache kommuniziert – das steigert die Markenbindung und den Umsatz. Darüber hinaus sind Übersetzungen rechtlich notwendig: In vielen Ländern ist es gesetzlich vorgeschrieben, wichtige Dokumente und Informationen in der Landessprache zur Verfügung zu stellen.
KI-Übersetzung ist eine Unterkategorie der maschinellen Übersetzung und bezeichnet Übersetzungen, die mit Hilfe künstlicher Intelligenz erstellt werden. Bevor wir uns der Frage nach KI-Übersetzungen zuwenden, beantworten wir also erst einmal die Frage:
Was ist maschinelle Übersetzung?
Maschinelle Übersetzung (MÜ) umfasst verschiedene Arten von Übersetzungstechnologien, die ohne menschliches Dazutun auskommen. Sie hat sich heute in den meisten Bereichen der Übersetzungsbranche etabliert (ELIA 2023 Report). Die wichtigsten maschinellen Übersetzungsmethoden oder MÜ-Modelle sind:
- Regelbasierte maschinelle Übersetzungen (Rule-Based Machine Translation)
RBMT erstellt einen zielsprachlichen Text auf Basis der jeweiligen linguistischen Informationen bzw. Regeln der Ausgangs- und Zielsprache (Wörterbücher, Grammatik, Semantik, Morphologie und Syntax). - Statistische maschinelle Übersetzung (Statistical Machine Translation)
Mit SMT erstellt ihr einen zielsprachlichen Text auf Basis einer Datenbank an menschlichen Übersetzungen, womit die für das Wort in der Ausgangssprache statistisch wahrscheinlichste Übersetzung in der Zielsprache berechnet wird. - Neuronale maschinelle Übersetzung (Neural Machine Translation)
NMT erstellt einen zielsprachlichen Text anhand eines künstlichen neuronalen Netzwerks, das mit großen Mengen an hochqualitativen Übersetzungen trainiert wurde und somit die wahrscheinliche Übersetzung eines Satzes (statt nur einzelner Wörter) vorhersagt.
Lange Zeit stellten diese maschinellen Übersetzungsmodelle keine wirtschaftliche Alternative zur menschlichen Übersetzung oder Lokalisierung dar, da sie noch zu viele sprachliche und inhaltliche Fehler aufwiesen. Mit dem Aufkommen der künstlichen Intelligenz (KI) 2022-23 hat sich die Technologie stark weiterentwickelt.
Was ist KI-Übersetzung?
Bei der KI-Übersetzung wird künstliche Intelligenz eingesetzt, um Texte oder gesprochene Inhalte automatisch von einer Sprache in eine andere zu übersetzen. Die Technologie verwendet komplexe Algorithmen, neuronale Netze und große Datenmengen, um den Kontext und die Bedeutung von Wörtern und Sätzen zu verstehen und eine möglichst genaue Übersetzung zu erstellen.
Welche Tools kann man gut für Übersetzungen nutzen?
Wir werden häufig gefragt: Wer übersetzt besser – ChatGPT, Google oder DeepL? Tatsächlich hat jede Übersetzungssoftware und jedes Tool seine eigenen Stärken und Schwächen.
ChatGPT
ChatGPT ist ein besonders schnelles Übersetzungstool, das in kurzer Zeit kreative und ausdrucksstarke Texte erstellen kann. Es versteht komplexe Zusammenhänge und reagiert flexibel auf Anweisungen.
Übersetzung von Marketingmaterial, Werbeslogans oder kreativen Inhalten.
ChatGPT ist ein US-amerikanisches Unternehmen und unterliegt daher den US-amerikanischen Datenschutzgesetzen, die in der Regel weniger streng sind als die deutschen.
Google Translate
Google Translate unterstützt sehr viele Sprachen, ist weit verbreitet, bietet sehr schnelle Übersetzungen und ist immer und überall verfügbar. Ein weiterer Vorteil: Translate lässt sich in viele Google-Dienste integrieren.
Schnelle Übersetzung von gesprochener Sprache – zum Beispiel auf Reisen. Übersetzungen zum reinen Verständnis von Inhalten für den privaten Gebrauch.
Vor allem bei komplexeren Texten lässt die Qualität der Google-Übersetzungen merklich nach. Sie sind oft ungenau und fehleranfällig, da ein tieferes Verständnis des Kontextes fehlt.
DeepL
DeepL ist für seine hohe Übersetzungsqualität bekannt – insbesondere für europäische und große internationale Sprachen. Es liefert oft flüssige und natürliche Übersetzungen, die kaum von einer menschlichen Übersetzung zu unterscheiden sind. Das Tool verfügt über zusätzliche Funktionen, die für Unternehmen nützlich sein können, wie z. B. Glossar- und Terminologieverwaltung. Als deutsches Unternehmen unterliegt DeepL den strengen deutschen Datenschutzgesetzen und genießt höchste Sicherheitsstandards.
komplexe Texte mit vielen Fachbegriffen.
DeepL verfügt im Vergleich zu Google Translate über weniger Sprachen und Sprachkombinationen. Außerdem sind einige erweiterte Funktionen nur in einer kostenpflichtigen Version verfügbar.
Bei Kolibri Online bieten wir neuronale Maschinenübersetzungen mit DeepL Pro in allen europäischen und wichtigen internationalen Sprachen an. Übersetzungen mit DeepL Pro genießen höchste Sicherheitsstandards: Die Daten werden mit modernster TLS-Verschlüsselung geschützt, nach der Übersetzung gelöscht und nicht zum Training der Modelle verwendet. Zudem werden sie von einem nach ISO 27001 zertifizierten und von DeepL SE regelmäßig auditierten Rechenzentrumsbetreiber (DeepL) betrieben.
Vor- und Nachteile der KI-gestützten Übersetzung
KI-gestützte Übersetzungen haben in den letzten Jahren in der Übersetzungsbranche an Bedeutung gewonnen, da sie es Menschen ermöglichen, große Mengen an Inhalten kostengünstig in kurzer Zeit zu übersetzen. Es gibt weitere Vor- und Nachteile von KI-Übersetzungen, die wir hier zusammengestellt haben.
Vorteile
- Effizienz und Skalierbarkeit: KI ermöglicht es, große Mengen an Inhalten in wenigen Sekunden in eine andere Sprache zu übersetzen.
- Kostengünstig: KI-Übersetzungen sind in der Regel kostengünstiger als menschliche Übersetzungen, da geringere Stunden- oder Projektgebühren anfallen.
- Zugänglichkeit und Verfügbarkeit: KI-Tools sind rund um die Uhr verfügbar.
Nachteile
- Qualität und Genauigkeit: KI-Übersetzungssoftware kann im Zweifelsfall den Kontext und die sprachlichen Feinheiten eines Textes nicht so gut erfassen, wie ein:e menschliche:r Übersetzer:in.
- Kulturelle Feinheiten: Im Gegensatz zu Muttersprachler:innen berücksichtigt die KI oft keine kulturellen Besonderheiten und Idiome, was zu Missverständnissen führen kann.
- Spezialisierung: In hochspezialisierten Bereichen wie Medizin, Recht oder Technik, aber auch bei kreativen literarischen Texten bleiben Genauigkeit und Qualität der KI-Übersetzung hinter der menschlichen Fachübersetzung zurück.
- Nachbearbeitung erforderlich: Um eine hohe Qualität zu gewährleisten, ist bei KI-Übersetzungen eine Nachbearbeitung durch Menschen erforderlich.
- Datenschutz und Sicherheit: Die Nutzung von Online-Übersetzungstools kann datenschutzrechtliche Bedenken aufwerfen, insbesondere bei der Übersetzung sensibler oder vertraulicher Informationen.
KI-Übersetzungen bieten also viele Vorteile, darunter Kostenersparnis und Schnelligkeit. Ohne entsprechende Vorbereitung stoßen sie aber auch schnell an ihre Qualitätsgrenzen. Bei wichtigen, spezialisierten oder kreativen Texten ist die Nachbearbeitung durch menschliche Übersetzer:innen, das so genannte Post-Editing, oft unerlässlich, um hochwertige Ergebnisse zu erzielen.
Qualität von KI-Übersetzungen bewerten und optimieren
Maschinelle Übersetzungen bedienen sich einer hoch entwickelten Technologie und können – mit der richtigen Vorbereitung – noch bessere Ergebnisse erzielen, die zum Teil von menschlichen Übersetzungen kaum zu unterscheiden sind. Es gibt verschiedene Optimierungsmöglichkeiten:
- Falls vorhanden: Berücksichtigung bereits übersetzter Inhalte aus einem kundenspezifischen Translation Memory (TM). Dort sind Übersetzungen aus früheren Projekten gespeichert, die bei identischen oder ähnlichen Vorkommen in neuen Texten automatisch vorgeschlagen werden, um projektübergreifende Konsistenz zu gewährleisten.
- Integration eines Glossars und einer Terminologiedatenbank, in der ihr Fachbegriffe und deren korrekte Übersetzung definiert, die dann vom MÜ-System berücksichtigt werden. Auf diese Weise wird die Übersetzung nicht nur genauer und konsistenter, sondern entspricht auch der Tonalität eures Unternehmens.
So wird zum Beispiel „valve“ in technischen Dokumentationen im Text nicht mal mit „Ventil“, „Klappe“ oder „Schieber“ übersetzt, sondern durchgehend mit dem von euch ausgewählten Begriff.
Aber auch bei sehr guter Vorbereitung und Einbinden eines Glossars solltet ihr das Ergebnis einer KI-Übersetzung immer noch einmal überprüfen. Denn trotz des enormen technischen Fortschritts macht KI immer noch Fehler. Einige Beispiele für typische Fehlerarten einer KI-Übersetzung:
Hauptkategorie | Fehlertyp | Beschreibung | Beispiel |
---|---|---|---|
Syntax |
Fehlertyp
Grammatik |
Beschreibung
Aufgrund des Kontextes bzw. vorherige Benennungen |
Beispiel
DE: Sofort einsatzbereit (in Bezug auf eine Waschmaschine) |
Wortschatz |
Fehlertyp
Terminologie |
Beschreibung
Falsche oder inkonsistente Verwendung der Terminologie |
Beispiel
EN: How expensive is it to train an MT engine? |
Stil |
Fehlertyp
Rollen- und Geschlechtszuweisung |
Beschreibung
Klassisches und aktuelles Thema, das stark von den Trainingsdaten (kuratierte Daten oder nicht) abhängt. |
Beispiel
EN: The manager informed the nurses about the duty schedule via email. |
Verständnis |
Fehlertyp
Kontext |
Beschreibung
Übersetzung ist für den Kontext nicht geeignet |
Beispiel
EN: Clean training data (Überschrift) |
Textänderung |
Fehlertyp
Hinzufügen von Inhalten |
Beschreibung
Erfolgt aufgrund der Wahrscheinlichkeitsberechnung des Modells für das nächste Wort |
Beispiel
DE: Wenn die Maschine ausreichend abgekühlt ist, erlischt die gelbe Leuchtdiode, und die Maschine kann wieder eingesetzt werden. |
Post-Editing durch menschliche:n Übersetzer:in
Um diese typischen Fehler der KI-Übersetzung zu beheben, ist es in den meisten Fällen sinnvoll, die maschinelle Übersetzung (MÜ) durch einen Menschen im sogenannten Post-Editing korrigieren zu lassen.
Grundsätzlich werden nach DIN ISO 18587 zwei Arten unterschieden:
- Leichtes Post-Editing (Light Post-Editing; LPE): Das Post-Editing fokussiert sich primär auf die Korrektur von inhaltlichen und semantischen Fehlern, um die inhaltliche Genauigkeit der Übersetzung sicherzustellen.
- Vollständiges Post-Editing (Full Post-Editing; FPE): Das Post-Editing überprüft zusätzlich den Schreibstil, die Lesbarkeit und die zielgruppengerechte Sprache, ggf. anhand eines Briefings.
Eine MÜ macht andere Fehler als unsere menschlichen Fachübersetzer:innen, daher müssen Post-Editor:innen auch anders ausgebildet werden bzw. bei der Korrektur auf andere Dinge achten. Post-Editing kann somit als eigenständiger Beruf angesehen werden.
Wann lohnt sich eine maschinelle Übersetzung mit Post-Editing?
Eine maschinelle Übersetzung mit Post-Editing ist eine kosteneffiziente Lösung, wenn ihr große Textmengen in kurzer Zeit in eine oder mehrere Sprachen übersetzen müsst und die Qualität nicht an erster Stelle steht.
Zu den Textsorten, die sich für eine maschinelle Übersetzung eignen, gehören Pressemitteilungen, Produkttexte, Bedienungsanleitungen, E-Mails, Newsletter, aber auch technische Handbücher und juristische Texte, die nicht zu stark verschachtelt sind.
Eine maschinelle Übersetzung basiert ausschließlich auf dem vorhandenen Inhalt und übersetzt diesen, wenn auch idiomatisch, Wort für Wort und Satz für Satz. Sie ist daher von der Qualität des Ausgangstextes abhängig. Dieser kann, für bessere Ergebnisse, maschinengerecht geschrieben oder optimiert werden.
Wann solltet ihr euch trotzdem für eine menschliche Lokalisierung entscheiden?
Das MÜ-System verfügt nicht über das Allgemeinwissen oder die Erfahrung aus der realen Welt, um mit Mehrdeutigkeiten zu spielen oder den Text kreativ so umzuformulieren, dass er das Zielpublikum in neuen und oft kulturell unterschiedlichen Märkten anspricht. Sie ist nicht in der Lage, den Text als Ganzes zu überblicken oder Sätze miteinander zu verknüpfen und entsprechend umzuformulieren, um den Lesefluss des Textes zu fördern.
Wenn diese Aspekte bei der Übersetzung für euch von Bedeutung sind oder wenn ihr Marketing-Materialien, Slogans und Websites lokalisieren lassen möchtet, empfehlen wir weiterhin eine Übersetzung durch muttersprachliche Fachübersetzer:innen gemäß ISO 17100.
Fazit
Sprache ist ein hochkomplexes System, aus syntaktischen Regeln und semantischen Übereinstimmungen. Dank des erheblichen technischen Fortschritts der letzten Jahre, sind KI-Systeme wie ChatGPT, Google Translate und DeepL mittlerweile in der Lage dieses hochkomplexe Konstrukt zu reproduzieren und in viele verschiedene Sprachen zu übertragen – und das in kürzester Zeit. Damit sind KI-Übersetzungen ein probates Mittel, wenn ihr in kurzer Zeit große Textmengen übersetzen lassen wollt. Doch rein maschinell übersetzte Inhalte weisen nicht selten Fehler auf.
Unsere Sprache ist nicht nur komplex, sie ist mit historischem, kulturellem und geographischem Wissen angereichert. Bisher ist KI noch nicht in der Lage, dieses kulturelle Hintergrundwissen vollständig zu erfassen und in eine komplett fehlerfreie, natürliche und zielgruppenorientierte Übersetzung zu gießen. Dafür braucht es einen Menschen, der den Text in dem neuen sprachlichen, politischen und kulturellen Umfeld der Ausgangssprache begreift und dies in seine eigene Sprache übersetzen und korrigieren kann.
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